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Foto: Bernd Woidtke

In Memoriam Dr. Heinz Brunkhorst

04/03/2023

* 23.05.1929

† 15.02.2023

Am Morgen des Schulkarnevals erreichte uns am Europagymnasium die traurige Nachricht, dass unser Gründungsschulleiter Dr. Heinz Brunkhorst gestorben ist. Für diejenigen unter uns, die ihn persönlich kannten, war das ein plötzlicher und trotz seines hohen Alters unerwarteter Verlust.

Die Schulleitungen und Stellvertreter:innen der letzten Jahrzehnte haben sich an ihn erinnert und möchten hier einige dieser Erinnerungen teilen, um seiner zu gedenken:

Am Tag vor Weiberfastnacht ist Dr. Brunkhorst verstorben. Da fielen mir die Lehrer-Karnevalsfeiern ein, die wir zusammen gefeiert haben. Er war immer dabei, im phantasievollen Kostüm, und natürlich mit einer selbst geschriebenen witzig-bissigen Büttenrede, mit der er uns, den Lehrerinnen und Lehrern, gern  ein paar versteckte Hiebe versetzte, die wir ihm dann gerne mit der nächsten Büttenrede heimzahlten.

Dr. Brunkhorst war ein Schulleiter, der seine Idee von einer „guten Schule“ mit Vehemenz und Hartnäckigkeit vertrat. Angefangen von der Überzeugungsarbeit in den lokalen Gremien bis zum Ringen mit dem Architekten, wie seine Ideen einer neuen und guten Schule baulich verwirklicht werden konnten, bis zur Festlegung, wo eine Jacke aufgehängt oder nicht aufgehängt werden durfte, suchte er den richtigen Weg, aus einer Schule mehr als Schule zu machen. Die Schule sollte nicht nur Lernort, sondern Lebensort, ein „Tagesheim“ sein. Die Schülerinnen und Schüler sollten ihre Schule als eine Quelle von Angeboten wahrnehmen, neben Unterricht und Klassenarbeiten und Leistungsanforderungen sollte Freizeit gemeinsam verbracht werden, in der langen Mittagspause gespielt und gealbert werden, gemeinsam gegessen werden, Hobbys gepflegt werden, Musik und Theater gespielt werden. Wichtig war ihm, dass die Grenze zwischen Lehrenden und Lernenden durchlässiger wurde. Die Französischlehrerin unterrichtete Seidenmalerei, die Mathelehrerin gab eine Bauchtanz-AG, der Politiklehrer gab Gitarrenunterricht, der Schulpfarrer baut Modelleisenbahnen … warum? Die Schülerinnen und Schüler sollten dadurch ihre Lehrerinnen und Lehrer als Menschen außerhalb ihres Fachbereichs erkennen, nicht als Zensurenverteilungswesen, sondern als Menschen, die die Freude an ihren privaten Hobbys mit ihnen teilten.

Mit diesen Ideen einer „guten Schule“ war er seiner Zeit voraus, gerade für Gymnasien war das damals ein neues und tatsächlich zukunftsweisendes Projekt.  Er forderte viel von seinem Kollegium, aber er förderte dabei unser pädagogisches Engagement und schuf eine Atmosphäre des Aufbruchs zu einem erstrebenswerten Ziel.
Christiane von Freeden (Lehrerin und Stellvertretende Schulleiterin 1970-2012)


Dr. Heinz Brunkhorst war quasi der Architekt, der Erbauer unseres Gymnasiums. Dies betraf vor allem die innere Gestaltung der Schule.

Denn: fortschrittlich, ja fast schon revolutionär für ein Gymnasium in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts war der Kernbereich der Schule als Ganztagsschule, als Tagesheimgymnasium. Bei meinem Vorstellungsgespräch bei Herrn Dr. Brunkhorst im Juni 1974 hat er mich von dieser Konzeption einer ganztägigen Erziehung, in der die Schülerinnen und Schüler der Mittelpunkt sind, überzeugt. In seinen Gesprächen mit mir in den letzten Jahren hat er sich bis zuletzt für diesen Kernbereich eingesetzt - auch, was die äußere Gestaltung und die Erhaltung seines Gymnasiums betraf.

Bernhard Ripp (Lehrer seit 1974 und Schulleiter 1993-2014)


Dr. Brunkhorst entwickelte zusammen mit seinem Kollegium eine Schule, die weit mehr sein sollte als ein klassisches Gymnasium. Frau von Freeden und Herr Ripp fassten Dr. Brunkhorsts außergewöhnliche Vision einer Schule bereits zusammen. Dr. Brunkhorst hatte dabei die einmalige Chance, seine pädagogischen Ideen in einen Schulbau zu übersetzen. So entstand ein Gebäude, das wie das pädagogische Innere viele Jahrzehnte einzigartig war.

Nach 50 Jahren ist das Schulgebäude in die Jahre gekommen. Doch Dr. Brunkhorsts Ideen sind es im Kern nicht. Heute steht das Gymnasium vor neuen Herausforderungen, die nach wie vor mehr verlangen als Wissensvermittlung im 45-Minuten-Takt: Individuelle Potenziale sehen und fördern. Lernen in herausfordernden Lernsituationen, das unterschiedliche Stärken und Schwächen anerkennt und verschiedene Lernwege zulässt und die erforderliche Zeit und den Raum gibt.  Freiräume für die Entfaltung der vielen Talente. Übernahme von Verantwortung für das Lernen und für die Gemeinschaft. Das sind heute wichtige Leitgedanken, die auf dem stabilen pädagogischen Fundament aufbauen, das Dr. Brunkhorst mit seinem Kollegium vor mehr als 50 Jahren legte. Als Schulleiterin des Europagymnasiums war es meine Aufgabe, diese Leitideen in ein Anforderungsprofil für einen Neubau zu kleiden. Das verbindet Dr. Brunkhorst und mich. Während dieser Zeit führten wir viele Gespräche. Dr. Brunkhorst stand dem Neubau zunächst skeptisch gegenüber. Er befürchtete, man könne ein kostensparendes 08/15-Gebäude bauen und damit den Geist der Schule auslöschen. Doch die Planungsphase 0 unter Beteiligung der Schulgemeinde zeigte, dass diese Sorgen unberechtigt waren und die pädagogischen Kernideen der Schule unbedingt erhalten bleiben sollen. Ich bin sehr froh, Dr. Brunkhorst nahegebracht zu haben, dass wir eine neue Schule in seinem Sinne planen, die sein einzigartiges pädagogisches Erbe fortführt.

Seine pädagogische Weitsicht wurde schon mehrfach hervorgehoben. Daneben zeichneten Dr. Brunkhorst als Schulleiter Qualitäten aus, die noch heute unabdingbar im Amt des Schulleiters und der Schulleiterin sind: Er sah seine Handlungsspielräume, er hatte den Mut, Grenzen neu auszuloten und er traf selbstbewusst Entscheidungen. Das machte ihn manchmal vielleicht unbequem. Aber das verlangt das Schulleiterdasein bisweilen, um das Maximum für die Schule und damit die Schülerinnen und Schüler zu erreichen.

Tatjana Strucken (Stellvertretende Schulleiterin 2012-14, Schulleiterin 2014-2020)


„Und wann ziehen Sie nach Kerpen?“, war eine der ersten Fragen, die mir Herr Dr. Brunkhorst stellte. Für ihn stand es außer Frage, dass Lehrkräfte einer Ganztagsschule auch vor Ort leben müssen, um das Schulleben gestalten zu können und mitzubekommen, was in der Schule passiert.

Wenig verwunderlich ist es daher, dass Herr Dr. Brunkhorst selbst lange nach seiner aktiven Dienstzeit in unserer Schule weiterhin präsent war. Er verpasste kein Ehemaligentreffen, war bei jeder Abiturverabschiedung als Ehrengast eingeladen und besuchte selbst in den letzten Jahren viele kulturelle Veranstaltungen in der Aula unserer Schule.

Weder Corona noch seine zunehmenden körperlichen Einschränkungen konnten ihn stoppen. Er kannte das Schulgebäude wie kein zweiter und schaffte es trotz Rollstuhl jeden Winkel der Schule zu erreichen, er wusste immer genau, wo er lang musste.

Herr Dr. Brunkhorst kannte aber nicht nur die Wege, sondern auch die Raumgrößen der einzelnen Klassenräume, Quadratmeterzahlen der Flurflächen und das Raumkonzept. In Gesprächen mit ihm musste ich mehrfach feststellen, dass eine Vorbereitung und Einarbeitung in die Gesprächsthematik unerlässlich waren. Trotz seines hohen Alters war er blitzgescheit und konnte immer wieder pointiert Akzente setzen. Zugleich lernte ich ihn auch als Mensch schätzen, der für seine Überzeugungen eingetreten ist und die bestmögliche Förderung der Kinder und Jugendlichen in einem Gymnasium als seine Lebensaufgabe angesehen hat. Dass dies – gerade in der Anfangszeit - kein leichtes Unterfangen war, hat er eindrücklich geschildert. Persönliche Gedanken von Herrn Dr. Brunkhorst zur Gründungszeit des Europagymnasiums können Sie hier nachlesen.
→ Erinnerungen an die Schulgründung

Dominik Riediger (Stellvertretender Schulleiter seit 2014)


An zwei Abenden hatte ich Gelegenheit, Dr. Brunkhorst ganz persönlich kennenzulernen. Bei Kaffee, Keksen und Wein erzählte er mir als dem Neuen in seinem ehemaligen Amt vieles über Kerpen im Allgemeinen und das Europagymnasium im Besonderen. Natürlich waren wir nicht in jedem Detail einer Meinung, aber wir haben schnell festgestellt, dass man auch über ein halbes Jahrhundert Altersunterschied hinweg pädagogisch sehr nahe beieinander liegen kann. Vieles am Europagymnasium verstehe ich besser, weil ich ihn kennenlernen durfte. Und vieles, was er hier vor über 50 Jahren auf den Weg gebracht hat, ist im letzten Jahrzehnt zum bildungspolitischen Konsens geworden. Insofern kann man sagen, dass uns ein echter Visionär verlassen hat – und sein Vermächtnis überaus lebendig ist!

Wendel Hennen (Schulleiter seit 2022)

* 23.05.1929

† 15.02.2023

Das Schwarz-weiß-Foto hat uns Herr Dr. Brunkhorst vor etwa einem Jahr für die Schulwebsite zur Verfügung gestellt. Das Farbfoto wurde von Bernd Woidtke auf der 40-Jahresfeier unserer Schule aufgenommen.

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