„Wir haben es in der Hand, wie wir damit umgehen wollen.“ – Axel Voss, Exkursion nach Brüssel
12/06/2025

Am 15. Mai 2025 sind die Europa-Diff-Kurse der Klassen 9 und 10 mit unserem Debattierclub-Europa nach Brüssel ins Haus der europäischen Geschichte sowie in das Europäische Parlament gefahren, wo wir ein Gespräch mit Axel Voss, einem deutschen Europaabgeordneten, führten.
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Nachdem wir um 7:00 Uhr Kerpen über die Autobahn verlassen hatten, dauerte es nur 40 Minuten bis wir die belgische Grenze passierten. Mit ein paar kleinen Staus und stockendem Morgenverkehr kamen wir um kurz nach 10 Uhr im Europaviertel an.
Als erster Punkt auf dem Programm war der Besuch des Hauses der europäischen Geschichte geplant, ein modernes Museum, das die Entwicklungen Europas über die Jahrhunderte darstellt. Im Museum haben wir uns in Vierer-Gruppen zusammen gefunden, um mithilfe eines Audioguides Aufgaben einer Rallye zu lösen.
Nachdem wir eine Stunde im Museum Zeit gehabt hatten, war es möglich, sich ein wenig im Europaviertel umzuschauen. Direkt am Anfang unserer Freizeit fiel mir auf, dass Brüssel um einiges moderner und sauberer ist als Köln. Mit dem Park in der Mitte des Viertels und vielen kleinen Läden und Wasserspielen überall drum herum, wirkt die Stadt entspannt aber edel, trotz des regen Verkehrs und der vielen hetzenden Fußgänger, die vermutlich im Parlament oder in umliegenden Firmen arbeiten. Die Luft ist sauber und die Mischung aus modernen und alten Gebäuden wirkt ganz besonders.
Nachdem unsere Zeit abgelaufen war, trafen wir uns vor dem Besuchereingang des Parlaments. Wir betraten die Eingangshalle, um unsere Pässe zu scannen und einen Besucherausweis mit unserem Namen und Besuchszeiten zu bekommen. Anschließend wurden unsere Rucksäcke wie am Flughafen durchleuchtet. Hinter der nächsten Tür erwarteten uns zwei Mitarbeiter des Parlaments, die uns durch die Fahrstühle in den vierten Stock zu den Zuschauerrängen des Plenarsaals schleusten. Der Saal war größer als ich dachte und obwohl gerade keine Sitzung stattfand, fühlte man die Entscheidungen, die dort getroffen werden.
Nach etwa 20 Minuten, die wir staunend auf den Rängen verbracht hatten, brachte man uns in einen kleinen Präsentationsraum, in dem wir bereits erwartet wurden. In den folgenden 45 Minuten erzählte uns Axel Voss etwas über seine Arbeit als EU-Abgeordneter. Er selbst ist Teil der CDU und hatte den Beruf des Rechtsanwalts gelernt. Bevor er in sein Amt trat, dachte er, er würde bloß ein paar „schöne Dinge“ erzählen, doch er begriff bald, dass seine Arbeit weitaus bedeutungsschwerer und anstrengender ist. Seine Erzählung begann er mit einer kurzen Darstellung, wie das Parlament neue Gesetze beschließt und in welchen Bereichen er die letzten Jahre tätig war – Verteidigung, Migration, Klimawandel, Digitalisierung und Wirtschaft.
Das Thema Verteidigung bezog er hauptsächlich auf Deutschland und sagte, dass es wichtig sei, militärisch stabil zu sein, besonders momentan, bei der Gefahr, die von Putin ausginge. Auf die noch kommende Frage, ob die Möglichkeit einer EU-Armee noch im Raum stünde, antwortete er, dass diese Idee vor ein paar Jahren mal aufkam, aber nicht umgesetzt wurde. Was jedoch nicht heißen musste, dass es nie zu einer EU-Armee kommen würde.
Als Nächstes erzählte er uns etwas über Migration, wie er dazu steht und wie wichtig dieses Thema aktuell sei. „Migration spaltet Parteien, unsere Gesellschaft und die Europäischen Staaten.“ sagte er, im Bezug auf die Gefahr, was Auseinandersetzungen bei diesem Thema bewirken konnten. Auch im Bundestag sei dies ein ernster Diskussionspunkt. Es sei eine Wende nötig.
Über den Klimawandel sagte er, dass er viel Zeit mit Plänen verbracht habe. Diese Pläne umfassten grüne Energien, Wasserstoffantriebe und sehr viel mehr, die unser Alltagsleben grüner gestalten würden. Allerdings war dabei das Problem, dass die Pläne sehr schwer umzusetzen seien, und die Ergebnisse wohl noch auf sich warten lassen müssten – eine große Kehrseite der Bürokratie.
Einher mit der Bekämpfung des Klimawandels geht auch die Digitalisierung Europas. Voss hat sich auch mit diesem Thema viel beschäftigt und Gesetzesvorschläge zu Digitalpolitik, wie Datenschutz, Urheberrecht und KI erarbeitet. Jedoch stellt sich die Frage, wird Europa digital überleben? Diese Frage steht im Bezug zu unserer Entwicklung der Wirtschaft. Ob wir nicht bei den vielen Angeboten aus China oder den USA irgendwann untergehen und so auch Einfluss in der Welt verlieren.
Besonders auf den nächsten Teil der Exkursion hatten sich wohl viele, genau wie ich mich auch, am meisten gefreut. Denn in der nächsten halben Stunde durften wir Fragen stellen. Diese gingen von Nutzung der KI über Voss persönliche Meinung zur AfD bis zu seinen Arbeitszeiten. (Hier nur ein paar aufgelistet.)
Die erste Frage lautete, ob Herr Voss die KI als eine Bedrohung ansehe, was momentan ja wirklich ein Konfliktpunkt darstelle. Dies beantwortet er mit „Wenn wir nicht aufpassen, ja.“ Voss bezeichnete die KI als manipulativ, sagte, dass diese weit mehr Schlussfolgerungen ziehe, als wir ahnten und es einen log-in-Effekt ohne Stopp gäbe. Als Beispiel nannte er die USA, die ihre Politik und Zukunft immer mehr der KI zuwandten und mit dieser arbeiteten. Deshalb würden die Vereinigten Staaten bald große Probleme bekommen.
In der nächsten Frage ging es um Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit. Was ist nötig, um Deutschland wieder wettbewerbsfähiger zu gestalten? Herr Voss antwortete, dass die Bürokratie deutlich weniger und die lokalen Industrien stabiler werden müssten. Er selbst befürworte strategische Elemente, wie die Omnibus-Strategie.
Dadurch könnte man Deutschland durch dessen Qualität in Gegensatz zu beispielsweise China mit dessen großer Quantitäts-Ausrichtung stellen.
Danach kam eine sehr spezifisch gestellte Frage, die die Vorratsdatensparung behandelte und ob Herr Voss dieses Thema so sehe, wie es auf seiner Homepage steht. Die Vorratsdatensparung macht es möglich, IP-Adressen zusammeln, um möglichst früh Cybercriminalität zu ersticken. Dagegen spricht jedoch die Datenschutzregelungen. Was also war mit dem Recht auf Datenschutz? Voss erklärte, dass er den Einspruch verstehe aber er dennoch die Maßnahmen gegen Cyberkriminalität befürworte.
Als Nächstes kam ein sehr bedeutendes und aktuelles Thema. Wie sollte Deutschland mit dem Politikwandel der USA umgehen? Grade im Zusammenhang mit dem Klimawandel ist diese „180 Gradwende“ eine Frage wert. Herr Voss antwortete darauf, dass Deutschland allein keine Wirkung hätte und alle Länder zusammen arbeiten müssten, um die Klimakrise abzuwenden. Da aber grade die USA sich von diesem Thema abgewandt hatte, blieben die Pläne wohl erstmal auf der Strecke liegen.
Die nächste Frage war, wie er seine Arbeit in Brüssel mit dem Familienleben in Bonn verknüpfte. Er antwortete, dass er seine „Parteifamilie“ brauche, um weiterhin in Ämter gewählt zu werden und daher eine gewisse Abhängigkeit entstand. Im EU-Parlament gebe es zudem viel mehr Sitzungen als im Bundes- oder Landtag, weshalb seine Wochenstunden hoch seien. Er erwähnte, dass er von Montag bis Donnerstag in Brüssel sei und von Freitag bis Sonntag nach Bonn zu seiner Familie fuhr. Manchmal würde dies zur Herausforderung, weil er eigentlich immer etwas zu tun habe.
Das letzte Thema war die AfD. Er sagte, dass er diese Partei regelrecht seltsam fände und als CDU-Mitglied nichts von den Gerüchten hielt, dass diese Parteien künftig zusammenarbeiten könnten. Ihm seien keine Informationen bekannt, dass nur ein CDU-Mitglied diese Partnerschaft befürworten würde. Er wünscht sich auch für die Zukunft kein Kontakt mit der AfD, ob er sie als rechtsextreme Partei bezeichnet, beantwortete er nicht.
Seinen Vortag beendete er mit einem Appell, dass es an uns liege, der kommenden Generation, wie es weitergeht. Wir sollen klug wählen und uns auf unsere Fähigkeiten konzentrieren, denn wenn es hart auf hart käme, könnten wir womöglich alleine dar stehen. Er erklärte uns noch, dass man niemals aus Wut eine so wichtige Entscheidung, wie, welcher Partei man seine Stimme gibt, treffen soll. Nur weil einem ein Aspekt des Rechtssystems nicht gefiele, sollte man keine Partei wählen, die Deutschland womöglich über den Haufen fährt. Gerade jetzt sind die Wahlen wichtiger als je zuvor.
Insgesamt wurden viele interessante Fragen gestellt und beantwortet, die mir auch auf der Rückfahrt noch durch den Kopf geisterten. Viele neue Erkenntnisse und Ansichten haben sich in mir gesammelt und neue Fragen und Themen „offengelegt“ über die ich viel nachdenke. Gerade ein Satz von Herrn Voss, blieb bei mir hängen. „Wir haben es in der Hand, wie wir damit umgehen wollen.“ Dies hatte er in Zusammenhang mit Migration gesagt, ob diese wirklich so ein großes Problem darstellte, wie es manchmal schien. Aber auch losgelöst von diesem Thema, konnte man das Zitat auf alles übertragen. Auf alles, denn schließlich konnte man nur für sich entscheiden, ist es jetzt wirklich auch für mich so schlimm? Oder warum ist dieses Thema interessant für mich? Denn schließlich entscheiden wir ja wirklich immer selbst, wie wir etwas sehen wollen. Wenn man noch ein bisschen weiter drüber nachdenkt, kann man sich die Frage stellen, wie oft ich mir selbst eine Meinung zu etwas bilde, was mich betrifft, oder auch nicht betrifft? Werden wir vielleicht nicht manchmal einfach naiv und glauben, was uns Leute sagen?
Ich fragte mich, ob das Gespräch und der ganze Tag auch bei den anderen etwas hinterlassen hatte. Und wenn ja, was waren es für Themen?